Mittwoch, 1. Juli 2009

Sommer 2009 / Einfach weg

Am 22.06.2009 brach ich auf, auf eine Radtour Richtung Süden, mit dem groben Ziel Alpen, mehr wusste ich bei Abfahrt noch nicht. Der Gedanke war "Einfach weg", ich hatte Zeit und musste raus aus meinem Alltag. Zwei Packtaschen und ein Zelt, das war alles womit ich mein schnelles Stevens-Reiserennrad belasten wollte. Später in den Bergen sollte jedes Kilo zählen.


Karlsbad 25.06.2009, Kilometer: 460 / Sumava: Feuchte Wälder
6. Tag: 27.06.2009: "Bin am heutigen Etappenziel, auf einem Zeltplatz hinter Susice im Nationalpark Sumava, angekommen. Da das Wetter momentan freundlicher wirkt, beschließe ich mein Zelt unter Fichten in der Nähe des hier vorbeifließenden Flusses Vydra aufzustellen. Nach der letzten schlechten Nacht muss es heute am Busen der Natur sein. Obwohl es weiter östlich in Mähren Hochwasser gibt, nehme ich das Risiko, dass der Fluss über Nacht anschwillt, in Kauf. Trotz aller bisherigen Strapazen bin ich froh, diese Strecke durch Tschechien gewählt zu haben. Die Landschaft ist so abwechslungsreich! Die Nacht: leider hatte der Busen der Natur sich gegen mich verschworen. Der einsetzende Regen durchnässte mein schlecht imprägniertes Zelt vollkommen und ein zweiter kleinerer Fluss, den ich gestern gar nicht wahrgenommen hatte, schwoll stark an und drohte den Zeltplatz einzuschließen. Glücklicherweise gab es dann doch Entwarnung und ich konnte in einem kleinen trockenen Bungalow übernachten. Nach einem kurzen Kekse-Bananen-Frühstück startete ich am nächsten Morgen in den leider noch andauernden Nieselregen. Über den Gebirgskamm fuhr ich bei Bayrisch Eisenstein wieder in Deutschland ein. Das Wetter auf der Gebirgssüdseite war hoffnungsvoller. Bis Passau ging es nun bergab."

Passau 29.06.2009, Blick auf den Inn, Kilometer: 822
10. Tag: 01.07.2009:"....Lockeres einradeln durch das wunderschöne Ennstal bis Altenmarkt, dann zog ein Gewitter auf, so dass ich mich entschloss den Weg über St. Gallen nach Admont zu nehmen. Kurz vor Admont, an einer um eine riesige Linde gebauten Aussichtsplattform, hielt ich in schnellen Pinselstrichen das Panorama auf das Gesäuse, einem schroffen kantigen Bergmassiv der Kalkalpen, fest. .....Der letzte Anstieg hier auf die Kaiseralm, wo ich gerade zu Abend esse und Quartier beziehe, forderte noch einmal Beißerqualitäten. ....Kurz nochmal zur letzten Nacht: Mein einfaches Zimmer war in einem alten Jagdschloss von 1710, heute Gästepension. Ich habe wunderbar geschlafen. Die Kühe und Ochsen auf der Alm sorgten mit ihrem Geblöcke für die romantische Untermalung, die sich in die Träume schleicht. Nach einem großen Frühstück und einem kurzen Aquarell Start um 10:00 Uhr."
Gesäuse 01.07.2009, Nationalpark Kalkalpen, Kilometer: 1093
links: Kaiseralm 02.07.2009 (zwischen Admont und Trieben), Kilometer: 1106
 rechts: Gipfel am Presseggersee im Gailtal 04.07.2009, Kilometer: 1370
14.Tag: 05.07.2009: "Über Serpentinen und durch Galerien ging es über den Plöckenpass nach Italien. Auf dieser Seite war das Tal schroffer und meine offensichtlich nicht optimal eingestellten Bremsen quietschten zu Tal. ....In einem erneuten Anstieg kam mir die Melodie "Eye of the Tiger" aus Rocky in den Sinn und ging mir für 5 Minuten nicht mehr aus dem Kopf. Nur für fünf Minuten, denn länger dauerte mein Flow-Gefühl nicht. Ich dachte, der Anstieg würde niemals enden und hoffte auf die verdiente Abfahrt. Leider zeigte sich die Straße herunter nach St. Steffano aber sehr spartanisch. Mit der Zeit wurde klar, dass hier moderner Straßenbau den Kampf gegen die Erosion zu verlieren schien. Erst versperrten abgerutschte Felsbrocken den Weg, dann ging es über verrostete Brücken, und zum Schluss endete das Abenteuer vor einem Geröllabhang. Aus dem Tal kommend, hatte sich eine Baustelle bis auf 20 Meter unter meine Position vorgearbeitet. Vollkommen erledigt bugsierte ich Fahrrad und Ausrüstung irgendwie nach unten. ... Zimmer in St. Steffano und Pizza."

Blick ins Gailtal vor Hermagor, 04.07.2009
Dolomiten bei Aronzo 06.07.2009
Tag 17: 08.07.2009: "Dieser Tag verging sehr schnell, ich hatte das Gefühl kaum Strecke gemacht zu haben. Das lag daran, dass es eigentlich keine flachen Passagen gab. Bei den Anstiegen fährst du 6-7 km/h und versuchst deinen Rhythmus durchzuhalten. Wie in Trance steht die Zeit dabei still. In der Abfahrt geht es mit 50 Sachen durch Kurven, das Adrenalin schießt dir durch die Adern und das Zeitgefühl ist wieder ausgeschaltet. Auf dem Mendelpass, den ich über steile Serpentinen gegen Mittag von Bozen aus erreichte, genoss ich den Ausblick auf die Dolomiten, die ich gestern bei leider schlechterem Wetter durchquerte. Am Nachmittag weiter: Abfahrt nach Fondo, von da wieder nach oben auf das Gampenjoch, und nun folgte eine fantastische Abfahrt bis fast nach Meran. Die Strasse schlängelte sich in nicht so harten Kehren entlang der Bergflanke zur Linken. Rechts lag das Etschtal mit seinen Apfelplantagen. Es war trockenes Wetter, nicht so viel Verkehr, Bedingungen für die perfekte Abfahrt. Am liebsten hätte ich die ganze Zeit vor Freude geschrien. Späte Ankunft in Meran. Kurzer Stadtrundgang unter Begleitung einer zugezogenen Bremerin. Quartier auf dem Zeltplatz. Tortellini am Tennisklub neben dem Zeltplatz."

Blick vom Mendelpass oberhalb von Kaltern 08.07.2009, Kilometer: 1705